Ray Davies, St. David's Hall, Cardiff, 14.10.2002

Irgendwas fehlt schon, wenn Ray Davies mit Band auftritt. Irgendwo fehlt ein Dave und sein Background-Gesang und auch die Gitarre von Dave ist mit der von Mark Johns nicht zu vergleichen. Allerdings: Mark Johns ist ein hervorragender Gitarrist, der seinesgleichen sucht und der gerade Songs wie Low Budget wieder ein wenig hoerenswert macht -- ansonsten kommen einige Lieder wie ein Kinks-Deja-vu daher. Vor allem "All Day And All Of The Night" und "Your Really Got Me" klingen sehr nach Kinks wobei man das zum ganzen zweiten Teil sagen kann. Hier werden die alten Klassiker gespielt, dabei ein wunderschoenes Intro bei "Where Have All The Good Times", bei dem man dann hofft, dass er nicht wieder ins Abrocken verfaellt -- und er tut es dann leider doch. Stichwort Abrocken: Ray Davies springt ueber die Buehne und scheint wirklich sagen zu wollen: ich kann es noch. Die weissen Turnschuhe des zweiten Teils der Show sind also nicht nur Zierde, sie kommen auch zum Einsatz und das Licht haette in der wunderschoenen St. David's Hall auch einmal reagieren koennen -- Davies' Ausfluege an den Buehnenrand waren so doch sehr im Dunkeln. Das Publikum hingegen erschien etwas zwiespaeltig. Lauthals sang es jeden alten Song mit -- "Lola", "Sunny Afternoon", "Set Me Free" oder "You Really Got Me" -- bei den neuen Songs hingegen meinten einige auf Klo gehen zu muessen.
Die neuen Songs: fuenf gab es und dabei ueberraschte vor allem "The Morning After" mit verzerrtem wunderbaren Intro und Johns-Soli. Ein wirklicher Kracher bei dem man sich dann fragt, warum es danach eine 20-minuetige Pause geben muss. Ueberraschend war auch "All She Wrote", ein Song von dessen Existenz ich nichts wusste und der auch noch nicht fertig scheint. Davies singt ihn nicht besonders deutlich (mir erschloss sich der Inhalt nicht) und musikalisch ist er mindestens Ausbaufaehig. "That's That" hingegen ist wie "Morning After" ein klasse Stueck und beide heben sich aus dem Programm heraus, das im grossen und ganzen von vielen Highlights gespickt ist. Verzichten koennte man auf solch Songs wie "Sunny Afternoon" oder "Lola", aber wenn er sie anspielt geht das Publikum erst mit. Showtechnisch erscheinen sie unverzichtbar, stuermte doch das Publikum erst zu "Lola" die Buehne. Fast neu sind letztlich auch "This Is Where I Belong" und "No Return", beide klingen fast wie auf dem Tribute Album "This Is Where I Belong" und sind schoene Wiederentdeckungen. Besagtes Album wird bei Fehlen eines eigenen Albums auch als die aktuelle CD von Ray Davies angepreist. Zur Solo CD gab es nur zweimal ein "hopefully next year", was bei Davies alles und nichts heissen kann -- wir kennen es ja. Einspielen will er es offenbar mit der Band, eine gute Wahl, denn sie begleitet ihn gut -- in gehoerigem Abstand, im Daemmerlicht und im Hintergrund. Mark Johns ist ein klasse Gitarrist, Dick Nolan ein guter Bassist, der aber wirkt, als gehe ihn das alles nichts an und Tony Baron (?) ist auch gut an den Drums, aber er wirkt zuweilen etwas uebermotiviert. Aber mit diesen jungen Musikern kann man keine Oldie-Show machen, gut so.
Die Band funktioniert, es war ja auch schon die sechste Show und es fehlen wirklich nur die Harmonies.
(Helge aus dem voellig verregneten Cardiff)