Thomas Bartoldus: Jim, ich habe dich das letzte Mal 1993 mit den Kinks in Dortmund live gesehen. Jetzt bist Du mit den Animals unterwegs. Wie bist Du 1999 zu der Gruppe gekommen?
Jim Rodford: Das ist leicht zu erklären. John Steel und Hilton Valentine [von den Original-Animals] spielten schon damals in einer "Animals"-Band. Irgendwann wollten sie sich aber verändern und mit Leuten spielen, mit denen sie den alten Animals-Sound wieder zum Leben erwecken können. Und so fragten sie Dave Rowberry. Dave und ich gehörten in den frühen 60ern zu Mike Cotton Sound, und als Alan Price damals die Animals verließ, stieß Dave zur Band. Dave Rowberry ist Alan Price sehr ähnlich, er blieb bis zum Ende der Animals in der Band.
1998 oder 1999 wollten sie auch einen Bassisten mit demselben Hintergrund haben -- ich weiß nicht genau warum. Sie riefen Mick Avory an und fragten ihn: "Was macht eigentlich Pete Quaife?". Mick sagte: "Pete Quaife geht es gesundheitlich nicht besonders gut, warum fragt ihr nicht Jim Rodford. Er hat auch für die Kinks gespielt, vielleicht macht er's." Also riefen sie mich an und nun bin ich in der Band. Sie wollten einen Bassisten aus der gleichen Zeit, jemanden, der die gleichen musikalischen Wurzeln hat. So konnten Dave und ich wieder zusammen spielen. Es war toll, deshalb bin ich hier.
Welche Zukunftspläne haben die Animals? Wird es im nächsten Jahr eine größere Tour geben?
Nun, wir sind eine Band, die hart arbeitet. Wir spielen Songs von den Animals und andere Sachen, die John und Dave spielen wollen. Ich komme aus der gleichen Ära und spiele diese Musik unheimlich gerne. Alan Price ist immer noch derselbe und spielt auch Animals-Songs. Wie Eric Burdon selbstverständlich auch. Mir macht es einfach unheimlichen Spaß, mit John Steel und Dave Rowberry zusammen zu spielen.
Von der Animals einmal abgesehen, gibt es da noch andere musikalische Projekte, an denen du zur Zeit beteiligt bist?
Ja, klar! Bevor ich bei den Kinks eingestiegen bin, war ich in einer Band mit Rod Argent, die hieß "Argent". Rod ist mein jüngerer Cousin. Als sich die Zombies 1962 oder 1963 zusammenfanden, fragte er mich, ob ich mitmachen wolle. Ich sagte ihm: "Ich helfe Dir mit den Zombies" -- das war eine Band aus Schulzeiten -- "aber selbst werde ich nicht mitmachen." Mein Schulkamerad Colin Blunstone sprang ein, und sie wurden die "Zombies". Ende der 60er gründeten Rod und ich unsere eigene Band, "Argent". Jetzt, vor drei oder vier Jahren, ging Colin Blunstone wieder auf Tournee und fragte Rod Argent und mich, ob wir uns ihm nicht mitmachen wollten. Also gründeten wir "Rod Argent - Colin Blunstone". Wir spielen Hits der Zombies, Hits von Argent und Colin Blunstones Solo Hits, denn er hatte ja als Solokünstler und mit dem Alan Parsons Project Erfolg. Wir spielen in den USA und England. Daneben spiele ich noch Rock'n'Roll mit Mike Berry and the Outlaws. Das ist einer der ersten großen britischen Rock'n'Roll Bands. Ich habe auch vier Jahre mit Lonnie Donegan gespielt, in den 80ern. Und mit einer schottischen Sängerin, Barbara Dickson. Ich spiele mit möglichst vielen Leuten, das gefällt mir. Die Animals machen großen Spaß. Musiker spielen heutzutage nicht nur in einer Band, sie sind oft in zwei Gruppen, vielleicht sogar in drei. Weil ich eine Menge Erfahrung habe, bin ich immer beschäftigt.
In der Show hast Du auch die Kinks erwähnt und gesagt, dass die Band seit 1996 nicht mehr aktiv ist. Warum, denkst Du, haben sie damals aufgehört?
Meine Meinung: Ich denke, dass Ray und Dave all die Jahre in einem Goldfisch-Glas zugebracht haben. Sie mussten beide Abstand gewinnen und einfach sie selbst sein. Ray war der erste und sagte: "Ich werde eine One-Man-Show machen, ich weiß nicht, wie lang." Er hat nicht gesagt, dass es mit den Kinks vorüber ist. Er hat gesagt: "Ich werde mit Akustik-Gitarre auftreten, singen, die Geschichte der Band und meine Lebensgeschichte erzählen." Und dass tut er immer noch, wenngleich er dieses Jahr eine neue Band unter seinem Namen gegründet hat. Sein Gitarrist Mark Johns spielt auch manchmal mit Colin Blunstone, Rod Argent und mir.
Mark Johns ist einer der besten Gitarristen der Welt. Er kommt aus Australien und ist offen für alles. Er spielt großartigen Blues, großartigen Jazz, großartigen Rock'n'Roll.
Ray hat viele Jahre mit einem anderen Gitarristen gearbeitet, Pete Mathison, auch ein toller Rock'n'Roll-Gitarrist. Das ging für etwa fünf Jahre so, dann wollte Ray eine Gruppe mit Bass, Schlagzeug und Gitarre, und Pete war nicht mehr dabei, ich weiß nicht genau warum. Ray hat sich vielleicht nach einem vielseitigen und erstklassigen Gitarissten erkundigt, und jemand hat ihm Mark Johns empfohlen, ich war's aber nicht. Als mir Mark erzählte, dass Ray ihn angerufen habe, sagte ich mir, dass er die ideale Wahl ist. Und es läuft großartig! Aber mit mir hat es nichts zu tun. Ich wünsche ihm viel Glück bei seiner Arbeit mit Ray.
Deine Bühnenpräsenz heute Abend hat mich sehr beeindruckt, besonders Deine wunderschöne Interpretation von "Sunny Afternoon" war ein Beweis für Deine musikalische Vielseitigkeit. Glaubst Du im Rückblick, dass Du in den Kinks eine größere kreativere Rolle hättest spielen können oder sollen, wie Du es etwa in Argent getan hast?
Nein, das brauche ich nicht. Ich denke, ich habe bei den Kinks für Ausgleich gesorgt. Ich kannte die Kinks ja schon, bevor ich Mitglied wurde, aus den frühen 60ern. Als ich dazukam, habe ich die Beziehung von Ray und Dave vielleicht ein wenig stabiler gemacht. Ich habe versucht zu vermitteln. Vielleicht war das mein spezieller Beitrag zu den Kinks.
Du hast ja unzählige Konzerte mit den verschiedenen Bands gespielt, welche sind dir noch besonders in Erinnerung geblieben?
Meine besten Konzerte? - Mit dem Mike Cotton Sound haben wir einmal im Hammersmith Odeon gespielt. Wir waren die Vorgruppe für James Brown und bestritten die erste Hälfte der Show. Er schaute uns von der Seite zu und sagte: "Hey, diese Band ist klasse! Ich hätte nie gedacht, dass ihr hier so eine Band habt!" Wir spielten dynamischen Rhythm'n'Blues -- in England! Ein Jahr später spielten wir im Vorprogramm für Aretha Franklin, als sie zum ersten Mal nach England kam. Mit den Kinks war es wohl der Auftritt im Madison Square Garden, das war ein fantastisches Konzert! Das war das Größte, was ich mir vorstellen konnte.
Ihr habt damals sogar "Village Green Preservation Society" gespielt, nicht wahr?
Ja, genau! Ich habe mir das gewünscht. Ich hatte Ray gebeten, etwas von "Village Green" zu spielen. Ich dachte, dass wäre ergreifend und deshalb sollten wir es spielten.
Was ist Deine Lieblingsplatte mit den Kinks?
"Low Budget", das Album, fand ich fantastisch. Ich liebe es. Aber "One For The Road" ist auch großartig. "Phobia" ebenso, und "To The Bone" -- besonders die neuen Arrangements der alten Songs. Wir habe sogar zwei neue Tracks für dieses Album eingespielt. Mein Lieblingssong unter anderen ist "Property" von "State Of Confusion".
Was glaubst Du: Werden die Kinks irgendwann wieder etwas zusammen machen?
Keine Ahnung.
In einem aktuellen Interview hat Mick Avory erzählt, dass Du und Mick manchmal in Konk bei Aufnahmesessions dabei seid.
Das war letztes Jahr. Wir haben ein paar Demos für Rays neues Soloalbum aufgenommen.
Habt ihr noch Kontakt?
Sicher, ich spiele immer noch mit Mick, aus Spaß. Mick und ich spielen mit Adam Faith and the Roulettes. Und manchmal mit Russ Ballard und Rod Argent. Wenn Bob Henrit nicht kann, springt Mick für ihn ein. -- Ich glaube, dass -- wenn es da ein Angebot gibt -- die Kinks vielleicht wieder in der Originalbesetzung ein Album machen werden. Das wäre vielleicht das nächste Kinks-Projekt.
Jim, Danke für das Interview und alles Gute!
Habe ich gerne gemacht. Bitte grüße die Kinks-Fans von mir!
Vielen Dank an die Organisatoren von Beat-City Bielefeld e.V., die dieses Interview überhaupt erst möglich gemacht haben!