Buying a Stairway to Heaven

Impressionen vom 5. Kinks Fan Meeting in Utrecht/NL am 21.4.02
von Thomas Bartoldus

Wer hätte das gedacht? Obwohl die Kinks seit fast 6 Jahren nicht mehr aktiv sind, Ray Davies immer noch an seiner ersten vollgültigen Soloplatte arbeitet und Bruder Dave mangels Geld und Beschäftigung gezwungen ist, mit mäßigem Erfolg durch kleine Clubs zu tingeln, war das fünfte Fantreffen in den Niederlanden ein Publikumsmagnet. Über 300 Fans aus Nah und Fern (sogar aus den USA) waren angereist, um sich in der urigen Atmosphäre der Rockkneipe „Stairway to Heaven“ in Utrecht über die Musik ihrer Lieblingsband auszutauschen, den Auftritten der Bands zu lauschen oder an den Verkaufsständen die Lücken ihrer Sammlungen zu schließen.

Mit dem gewohnt launigen Set der Kinky2 (Henny Stahli und Herman Gombert) wurden die Fans wunderbar eingestimmt. Es gelingt den beiden hervorragend, mit den eingeschränkten Möglichkeiten eines Duos die Gemmen der Kinks mit neuem Leben zu erfüllen. Unaufdringlich und gekonnt interpretierten sie vor allem die langsameren Songs aus dem riesigen Bandkatalog (z.B. das in den Niederlanden obligatorische „This Strange Effect“), wobei der gute Sound die Ohren wohltuend schonte.

Nicht ganz überzeugen dahingegen konnten mich die Flamin’ Stars, die nach den Kinky2 die Bühne betraten. Vor allem von ruhigeren Titel wie „Art Lover“ hätten sie lieber die Finger lassen sollen, zu sehr fielen ihre Versionen im Vergleich zu den Originalen ab. Schade auch, dass sich ihre Setlist zu fast 70% mit der der Kast Off Kinks deckte, das wäre bei der Masse an Möglichkeiten nicht nötig gewesen.

Interessiert verfolgten die Gäste zwischen den Auftritten die Videoeinspielung eines Interviews, das Dave Davies am 18. April in einer belgischen Late-Night-Show gegeben hatte. Sein Wunsch, mit den Kinks spätestens zum Jubiläumsjahr 2004 wieder ins Studio oder auf die Bühne zu gehen, klang allen wie Musik in den Ohren. Aber wie bei allen diesen Ankündigungen, die wir nun schon seit Jahren hören, wird man auch das abwarten müssen.

Höhepunkt des Tages war sicherlich der Auftritt von John Dalton, John Gosling, Dave Clarke und Mick Avory, den KOKs, wie es auf den neuen Mechandising-T-Shirts ganz kinky-mäßig heißt. Die Kast Off Kinks präsentierten gut zwei Stunden ihr bewährtes Programm und spielten natürlich auch die Nummern der neuen „Archway Tavern E.P.“, die man über den englischen Fanclub beziehen kann. Für mich waren „Powerman“ und „God’s Children“ die Highlights des Sets. Zu erwähnen ist Dave Clarkes beiläufige sarkastische Bemerkung, die KOKs träumten von einem gemeinsamen Auftritt mit Dave Davies im Madison Square Garden. Der Hintergrund: Dave oder seine Managerin oder sein Anwalt hat die geplante Tour der Kast Offs in den USA wahrscheinlich wegen Namensstreitigkeiten gestoppt. Rache ist süß! Der Auftritt der KOKs riss das Publikum jedenfalls mit, und John Daltons witzige Ansagen zeigten deutlich, dass sich die vier hier vor „familiärer“ Kulisse deutlich wohler fühlten als Tags zuvor vor den Besuchern der großen Plattenbörse in Utrecht - „it was only a small crowd, eh, was it even a crowd?“ (Dalton). Einziger Minuspunkt war die Lautstärke, die m.E. zu aller Vorteil ein wenig reduziert hätte werden können. Vermisst habe ich auch eine Rhythmusgitarre, die vor allem zu den langsameren Stücken besser gepasst hätte als Dave Clarkes manchmal arg aggressive Gitarrenarbeit. Aber wer sich erholen wollte, konnte sich dafür an die Theke zurückziehen.

Einen runden Abschluss fand der Kinks-Tag mit der Verlosung von einigen schönen Sammlerstücken (CDs, Poster, LPs, etc.). Der Erlös dieser Lotterie und der Überschuss aus den Kartenverkäufen kommt der niederländischen Kinderleukämie-Studiengruppe zu Gute.

Den Organisatoren des Fan Meeting ist auch für dieses Mal Dank zu sagen für ihre Vorbereitung. Negativ aufgefallen ist allerdings, dass ein professioneller Verkäufer Bootleg-CDRs für EUR 20 oder mehr angeboten hat, die zumeist Fans für den Tausch unter einander liebevoll hergestellt haben. Das hinterlässt doch einen faden Beigeschmack, wenn gewisse Einzelpersonen hieraus Kapital schlagen. Was wäre geschehen, wenn Dave Davies, der am Abend vorher mit seiner Band auf dem Schwung Festival im belgischen Roselaere ein eher maues Konzert gegeben hatte, im Stairway erschienen wäre? Wie wir ihn kennen, wäre seine Reaktion sicherlich nicht freundlich gewesen. Und damit hätte er ganz sicher Recht, denn „buying a stairway to heaven“ mag zwar als Textzeile in Led Zeppelins Klassiker gut sein, aber ganz sicher nicht in „Collector’s Heaven“.